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Hinweise für Freunde und Angehörige von Alkoholkranken



Was kann ich für mich tun?

Bedenken Sie: Sie können am Alkoholkonsum des Abhängigen nichts ändern. Der Wille zur Veränderung muss in Ihrem Partner selbst entstehen, und nur er ist in der Lage, seine Situation zu verbessern. Einen Alkoholiker, der das Trinken nicht aufgeben will, werden Sie durch nichts in der Welt dazu bewegen können! Nur er selbst kann sich von seiner Sucht befreien.

WER SICH NICHT ÄNDERN WILL, LÄSST SICH NICHT ÄNDERN.

Deshalb gilt: Obwohl Ihnen der Alkoholmissbrauch Ihres Partners nicht gleichgültig ist, sollten Sie ihn nicht unter Druck setzen. Es bringt nichts. Drohen Sie ihm nicht, und kontrollieren Sie ihn nicht. Sie provozieren damit nur Lügen, Aggressionen und innere Widerstände, die zur völligen Abkapselung führen. All das steht einer Heilung im Weg.

Auch wenn Sie wissen und verstehen, dass Ihr Angehöriger an einer schweren Erkrankung leidet, müssen Sie sein Verhalten nicht in jedem Fall tolerieren. Setzen Sie sich klare Grenzen, und ziehen Sie diese Grenzen gegebenenfalls.

GEBEN SIE SICH NIEMALS AUF!

Denken Sie dabei immer auch an sich. Gehen Sie weiter Ihren Hobbies nach, treffen Sie sich mit Freunden, verbringen Sie Zeit ohne Ihren Partner, und versuchen Sie sich abzulenken und zu entspannen. Stecken Sie sich eigene Ziele unabhängig von Ihrem Partner. Wenn Sie schwach und unglücklich sind, verschwenden Sie nicht nur kostbare Lebenszeit, sondern können auch für Ihren abhängigen Partner langfristig keine Hilfe sein.

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Was kann ich für den Abhängigen tun?

Sagen Sie dem Betroffenen ruhig, aber eindeutig, dass er ein Suchtproblem hat, mit dem er alleine (= ohne professionelle Hilfe) nicht fertig wird. Vermeiden Sie dabei Schuldzuweisungen und Vorwürfe, und wählen Sie dafür einen Zeitpunkt, an dem er 'nüchtern' ist.

Wenn Sie der Meinung sind, dass ein 'klares Wort' nur Widerstände hervorrufen würde, versuchen Sie es auf subtile Art: Sprechen Sie das Thema 'neutral' an, indem Sie beispielsweise Ihre eigenen Erfahrungen mit Alkohol thematisieren. Lassen Sie Materialien zum Thema 'herumliegen', und versuchen Sie herauszufinden, ob Ihr Partner sich wegen seines verstärkten Alkoholkonsums selbst schon Gedanken macht.

Ein paar Tipps zur stressfreien und effektiven Kommunikation:

* Seien Sie empathisch und verständnisvoll. Lassen Sie Ihren Partner reden. Gehen Sie nicht auf Konfrontation. HÖREN SIE ZU, STATT ZU REDEN.

* Vermeiden Sie es, zu argumentieren, und Ihrem Partner 'gute Ratschläge' zu geben. Jeder Verdacht der Bevormundung ruft in der Regel Widerstände hervor, die schwer wieder abzubauen sind.

* Versuchen Sie Ihren Partner dazu zu bewegen, Ihnen mitzuteilen, warum er trinkt, und - allein oder gemeinsam mit Ihnen - das Für und Wider des Alkoholkonsums abzuwägen.

* Lassen Sie sich durch Angriffe und Protest nicht in Ihrer Haltung beirren, und nehmen Sie Verbalattacken nicht persönlich. Bedenken Sie, dass Ihr Partner sich damit nur zu verteidigen versucht, weil er ja längst selbst weiß, dass er ein Problem hat. Lassen Sie sich vor allem nicht einreden, Sie seien für den exzessiven Alkoholkonsum verantwortlich. Alkoholiker neigen dazu, die 'Schuld' nicht bei sich zu suchen, sondern in äußeren Umständen und vor allem auch in Menschen, die ihnen besonders nahestehen. Ziehen Sie sich diesen Schuh nicht an. Bedenken Sie: Letztlich ist jeder für sein eigenes Leben selbst verantwortlich.

* Nehmen Sie Ihren Partner ernst, und stärken Sie ihm den Rücken, wenn er sein Verhalten ändern möchte. Stecken Sie sich gemeinsam neue Ziele.

* Und last but not least: Lassen Sie - wenn möglich - Ihren Partner nicht fallen, aber lassen Sie auch nicht zu, dass Sie selbst an der Beziehung Schaden nehmen.

Wenn Ihr Partner bereits ein 'Problembewusstsein' hat, ist schon viel gewonnen. Weisen Sie ihn darauf hin, dass seine Sucht eine Krankheit wie jede andere ist. Machen Sie ihm klar, dass er dagegen etwas tun kann, indem er Hilfe bei der Suchtberatung, bei einer Selbsthilfegruppe, bei einem Arzt oder Therapeuten sucht. Bieten Sie ihm an mitzugehen. Wenn Suchtkranke erkennen, dass sie Unterstützung benötigen und wenn sie bereit sind, diese Hilfe anzunehmen, besteht Hoffnung auf Veränderung. Sie können helfen, dieses erste Ziel zu erreichen.

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Coabhängigkeit - Eine Krankheit wie der Alkoholismus.

Zum Thema Coabhängigkeit gibt es Dutzende Theorien. Die meisten gehen davon aus, dass coabhängige Partner von Süchtigen durch die Fürsorge für andere das eigene (schwache) Selbstwertgefühl zu stärken versuchen. Auf Grund dieses Erklärungsmusters wurde Coabhängigen lange Zeit die Mitschuld für den exzessiven Alkoholkosnum ihres Partners gegeben.

Neuere Studien belegen aber, dass es für die Entwicklung einer Coabhängigkeit keiner besonderen Persönlichkeitsstruktur bedarf. Vor der Abhängigkeit weisen die Partner der später Erkrankenden ein breites Spektrum an Charakterprofilen auf. Die sogenannte 'Ich-Schwäche', Kontrollzwang und Dominanz kommen hier nachweislich ebenso oft oder selten vor wie beim Rest der Bevölkerung.

Zur Entwicklung der Coabhängigkeit braucht es quasi nur einen Abhängigen. Während des Zusammenlebens bilden sich bestimmte Verhaltens- und Interaktionsmuster aus, die beiden Betroffenen langfristig schaden.

Die im Anschluss aufgeführten Strukturen und Verhaltensweisen entstanden am Anfang der Sucht oder der Beziehung beim Versuch, das Problem zu lösen und/oder zu bewältigen. Erst im Laufe der Zeit wurden sie dann zu eingefahrenen Ritualen des Zusammenlebens, die ähnlich destruktive Tendenzen haben.

Viele der erwähnten Verhaltensmuster treten gleichzeitig oder rasch alternierend auf. Beispielsweise liegen Hass und Liebe, Wut, Verständnis und Mitleid in vielen Alkoholikerfamilien nah beieinander. Dabei spielen sich beide 'Parteien' im Laufe der Zeit immer mehr aufeinander ein; ihr Verhalten ergänzt sich komplementär und macht Veränderungen immer unwahrscheinlicher (es funktioniert ja doch irgendwie, und wenn es beiden nichts mehr bringen würde, wäre man ja schon längst nicht mehr zusammen).

Auch wenn beide Partner ständig übereinander schimpfen, scheint der Gewinn also noch größer zu sein als die erlittenen Verluste - auch wenn das von 'Außen' ganz anders aussieht. Schließlich schweißt nichts mehr zusammen als gemeinsam durchlittene Krisen. Die gegenseitige Abhängigkeit ist in Alkoholikerhaushalten viel größer als in anderen Familien.

Und wer sonst wäre bereit, gemeinsam die Fassade zu wahren und Extremsituationen durchzustehen, als derjenige, den man schon so oft auf Krisentauglichkeit getestet hat? Und wer sonst 'müsste' bei einem bleiben, egal, wie man sich verhält? Ein Äquivalent finden zu wollen, würde sich für beide Betroffenen schwierig gestalten. Und dass sie das wissen, das sie ausgeliefert sind, führt zu Hassgefühlen, denen erst Luft gemacht werden kann, wenn Alternativen zur Verfügung stehen (ein neuer, 'verständnisvoller' Partner, eine Therapie, die den Selbstwert stärkt...) Erst in diesem Moment kommt es meist zu beziehungsgefährdenden Krisen bis hin zur Trennung.

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Nach Schneider (1997) zeigen Sie coabhängiges Verhalten, wenn Sie ...

1. Verantwortung für den Abhängigen übernehmen,

2. sein Verhalten entschuldigen oder rechtfertigen,

3. ihm Belastungen abnehmen oder ersparen wollen,

4. sein Verhalten kontrollieren, indem Sie z. B. Verstecke, in denen der Abhängige Alkohol verbirgt, suchen oder ihn beim Lügen ertappen wollen u.s.w.,

5. unaufrichtig dem Abhängigen, anderen Personen oder sich selbst gegenüber sind, was die Tatsachen und Gefühle im Hinblick auf die Abhängigkeit betrifft.

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Lesen Sie dazu auch den folgenden Fragebogen:


Bin ich co-abhängig?

1. Haben Sie schon häufiger zu Hause mit ihm/ihr getrunken, damit er/sie nicht in der Kneipe versackt?

2. Fühlen Sie sich stark, wenn der/die Abhängige sich schwach fühlt?

3. Werden Sie von Verwandten/Nachbarn gelobt, weil Sie so tapfer sind?

4. Fühlen Sie sich zum Lügen gezwungen, weil Sie Ihren Partner/Ihre Partnerin nicht ausliefern wollen?

5. Hängen Ihre Gefühle sehr stark von der Situation des Partners/der Partnerin ab?

6. Kümmern Sie sich um alles, weil der Partner/die Partnerin es nicht mehr kann?

7. Haben Sie Angst, der/die Abhängige könnte aggressiv werden, wenn Sie mit ihm/ihr über Alkohol sprechen?

8. Vermeiden Sie es, mit anderen Leuten über das Trinkproblem lhres Partners/Ihrer Partnerin zu sprechen?

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9. Haben Sie Ihrem Partner/Ihrer Partnerin schon einmal mit der Trennung gedroht, weil er/sie so viel trinkt?

10. Ärgern Sie sich, weil Ihr Partner/Ihre Partnerin Ihre Ermahnungen nicht ernst nimmt?

11. Wünschen Sie sich manchmal den Tod des Partners/der Partnerin?

12. Haben Sie häufiger das Gefühl, dass Sie gegen den alkoholabhängigen Partner/die Partnerin machtlos sind?

13. Haben Sie häufiger schon Drohungen, die Sie dem/der Betroffenen gegenüber ausgesprochen haben, nicht wahr gemacht oder vergessen?

14. Haben Sie das Gefühl, dass der Alkohol eine immer wichtigere Rolle in Ihrer Partnerschaft spielt?

15. Übernehmen Sie zunehmend Aufgaben, die eigentlich Ihr Partner/Ihre Partnerin noch ausführen könnte?

16. Nehmen die Trennungsgedanken zu oder feste Formen an?

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17. Sind Sie in letzter Zeit öfter deprimiert und verzweifelt, weil sich am Trinkverhalten des Partners/der Partnerin nichts ändert?

18. Sind Sie wegen psychosomatischer Beschwerden in ärztlicher Behandlung?

19. Wissen Sie manchmal nicht, woher Sie das Geld für den Haushalt nehmen sollen?

20. Wechseln Ihre Gefühle für den Partner/die Partnerin häufiger zwischen tiefem Hass und großer Liebe?

21. Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Partner/Ihre Partnerin noch tiefer abrutscht, wenn Sie ihn/sie verlassen?

22. Wissen Sie nicht mehr, wie es weiter gehen soll, weil Sie so verzweifelt sind?

Quelle und mehr zum Thema »

Wenn Sie mehr als 8 Fragen mit 'Ja' beantworten würden, sollten Sie professionelle Hilfe suchen. Außerdem sollten Sie sich bewusst werden, dass Ihr Verhalten unter Umständen die Abhängigkeit Ihres Partners/Ihrer Partnerin fördert, weil er/sie nicht gezwungen ist, sich seinem/ihrem Problem zu stellen.

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Phasen der Co-Abhängigkeit

Die Entwicklung der Coabhängigkeit ist so fließend wie der Alkoholismus selbst. Die Abhängigkeit vom Abhängigen beginnt, wenn die negativen Folgen des Trinkens toleriert werden.

Verhaltensmuster schleifen sich ein und erscheinen zunehmend alternativlos. Andere Strategien des Umgangs werden nicht mehr erprobt, um nicht durch Veränderungen des Status Quo alles noch schlimmer zu machen.

Nach R. HALLMEIER, Alkoholismus und Co-Alkoholismus, in: Suchtgefahren 31, 1985, S. 271ff

1. Beschützer- oder Erklärungsphase

2. Kontrollphase

3. Anklagephase

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+++ 1. Erklärungsphase: Ist ja alles halb so schlimm +++

Im Anschluss finden Sie fiktive innere Monologe der Partnerin eines Alkoholikers, die bestimmte Entwicklungen verdeutlichen sollen.

"Was wir doch für eine tolle, rauschende Zeit miteinander haben. Morgen nehm' ich wieder Sekt und Cognac zum Ausflug mit, das hat er so gern. Dann wird er immer so fröhlich und liebevoll. Ich darf auch nicht vergessen, fürs Wochenende den Kasten Bier zu besorgen, den er sich gewünscht hat. Dann bleiben wir schön zu Hause, und abends zur Party bei Lehmanns ist er dann schon so richtig gut drauf. Ein richtig toller Hecht, um den mich alle beneiden. Die Spießer. Wir feiern ein rauschendes Fest, und alle haben sich lieb. Und auch danach ;-) ist er noch fit wie ein Turnschuh - oder besser, wie ein wilder Tiger... (na, auch wenn der Sprung neuerdings immer mal ins Leere geht, man soll ja nicht zu viel verlangen ;-)

Er trinkt ja immer mehr als ich, aber er ist ein Mann, da ist das normal. Er ist ja so gestresst in letzter Zeit. Wenn die Phase vorbei ist, achte ich mal drauf, dass er wieder weniger trinkt. Aber jetzt entspannt es ihn, das kann ja nicht schaden. Schließlich ist er nach ein paar Gläsern intus immer besonders geistreich und brillant, alle großen Künstler haben getrunken, das weiß jeder.

Manchmal streiten wir uns schon, wenn er wieder mal über die Stränge geschlagen hat und die Leute doch etwas pikiert waren. Sollen sie reden. Er ist halt was Besonderes.

In letzter Zeit schüttet er das Bier in sich rein, vor dem Sex, oder wenn wir uns gestritten haben, er trinkt das Zeugs mit Strohhalm, kann gar nicht wieder aufhören, trinkt jetzt auch am Nachmittag und hat immer was dabei (hat er einen Flachmann im Mantel?) Ich glaube, er trinkt mehr, als man ihn trinken SIEHT. Daran ist aber nur der ignorante Chef schuld, der Stress mit den Kollegen, die böse Schwiegermutter und nicht zuletzt ich, die neuerdings immer an ihm rumnörgelt. Da hat er schon Recht. Es hat also alles seinen Sinn und wird auch wieder vorbeigehen. Bis dahin muss keiner was mitbekommen, nicht die Kinder, nicht der Boss, ich klär das alles für ihn. Ein bisschen mulmig ist mir aber doch. Hmmm.

Na, Alkoholiker hängen auf der Parkbank 'rum und sind ständig besoffen. Meiner benimmt sich aber ganz ordentlich. Er ist doch kein Säufer, was ihr nur habt... Ihr seid nur neidisch, weil er so ein toller Kerl ist, der jede Party zum Kochen bringt.

Wie er aber neuerdings über unsere Freunde herzieht... von seinem besten Kumpel hat er sich neulich ganz plötzlich getrennt, der hat ihn immer erziehen wollen, sagt er. Dabei war das so ein netter Kerl, so einen findest Du nicht wieder.

Er ist auch so reizbar geworden in letzter Zeit, immer hängt er mürrisch in der Ecke, will gar nicht mehr 'rausgehen, geht mich wegen Kleinigkeiten an... Hab ich was falsch gemacht? Muss ja an mir liegen, sollte eben weniger streng mit ihm sein. Ich sei ein Spielverderber, alle Leute sagen das... Letztens hat mich einer seiner Kumpels sogar sauertöpfisch genannt, weil ich über die ollen Kamellen meines Gatten nicht mehr lachen konnte. Und wie der sich aufgespielt hat an dem Abend. Aber ich hätt' mir eben nichts anmerken lassen sollen. Manchmal bin ich unausstehlich, kein Wunder, dass er sich zurückzieht. Von heute an halt' ich den Mund. Und morgen bring' ich ihm seinen Lieblingscognac mit. Dann sag ich ihm, wie stolz ich letztens wieder auf ihn war, als er den Auftrag bekommen hat. Wird schon wieder. Oder? Klar!"


Sauertopf

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+++ 2. Kontrollphase +++

"Oh, wie er das Zeug in sich 'reinschüttet in letzter Zeit. Jetzt kriegen es schon die Kinder mit. Er denkt ja, ich riech' nichts, wenn er tonnenweise Pfeffis isst. Na, ich lass' ihn in dem Glauben. Ändert ja doch nichts. Sonst ruiniert er sich mit dem Zeug noch den Magen.

Ich hab' alles versaut. Hätt' ich ihn doch in Ruhe gelassen und ihm nicht dauernd Stress gemacht. Jetzt hört er gar nicht mehr auf mich. Ich seh' ihn ja kaum noch, dauernd hängt er mit seinen Kumpels 'rum. Die sind übrigens neu, ich kenn' sie gar nicht... und die alten Freunde sieht er wohl kaum noch. Die können das wohl auch nicht mit ansehen.

Das muss ein Ende haben. Bei uns dreht sich ja alles immer nur noch um den Suff. Wir geh'n ja auch kaum noch weg, weil er sich dauernd danebenbenimmt. Außerdem hat er eh auf nix mehr Lust. Manchmal könnt ich ihn schütteln, damit der tolle Hecht in ihm wieder zum Vorschein kommt.

Ich muss anfangen, die Flaschen zu verstecken. Vom Cognac hab ich schon heute morgen ein Drittel weggekippt. Dann hab ich einen kleinen Strich auf die Flasche gemacht. Mal sehen, wieviel er trinkt. Ob er's merkt? Wenn ja, steht wieder Polen offen. Diese Auftritte! Vor den Kindern! Ich werde sie lieber zu Freunden schicken, dann bleibt ihnen wenigstens das erspart.

Gestern hat er ja mal nichts getrunken. Er hatte es mir ja versprochen, und ich war so glücklich, weil wir wieder mal ein paar schöne Stunden hatten. Es geht ja doch, wenn ich alles richtig mache. Aber heute hat er schon wieder was intus. Kann er sich nicht mal zusammenreißen?

Ich glaub, er trinkt heimlich im Keller. Letztens hab ich 5 leere Flaschen im Kofferraum gefunden. Und 2 im Blumenbeet. Ich kenn' jetzt alle seine Tricks, mir kann er nichts mehr vormachen. Und was hab ich davon? Wenn er auf irgend einem Parkplatz trinkt auf dem Weg von der Arbeit, kann ich's eh nicht verhindern. Ich muss nachher auf seinen Atem achten. Ich trau ihm keinen Meter mehr über den Weg. Die Kinder fährt er mir auch nicht mehr zum Sport. Und dabei konnte ich mich doch früher immer auf ihn verlassen. Ein Jammer. Aber einkaufen fährt er noch immer gern. Warum wohl.

Plumps. Oh Mann, da liegt er auf dem Bürgersteig. Und die Nachbarn feixen. Ich bin eine Versagerin, das sagt doch hier jeder. Der trinkt nur wegen mir. Sagen alle. Vielleicht haben sie Recht. Ich weiß doch auch nichts mehr. Ich glaub', wer trinkt, hat's leichter. Mich bemitleidet ja hier keiner, immer nur ihn. Die sind alle auf seiner Seite. Der mit seinem Buben-Charme... Ich hol mir jetzt auch mal einen Cognac. Was der kann, kann ich schon lange. Prost.

Wenn er bei Freunden ist, trinkt er ja kaum noch was. Und man merkt es ihm ja auch kaum noch an, wenn er was intus hat. Dann sagen die zu mir: Was hast Du denn? Er trinkt doch nur ab und zu mal ein Gläschen. Dabei hat er doch vorgetrunken, 'vorglühen' nennt er das, man will ja in Stimmung kommen, und sicher säuft er auf dem Klo weiter. So ein kleiner Flachmann passt ja in jede Jackett-Tasche. Aber ich steh' da als Zicke, als Blaustrumpf, let's face it, keiner versteht mich mehr, und wenn ich ihn ins Messer laufen lasse, bringe ich Schande über die Familie, und uns kommt gar keiner mehr besuchen. Wer läuft schon gern freiwillig im Minenfeld 'rum. Mann. Besser ist, wir melden uns gar nicht mehr bei denen. So sollen sie uns nicht sehen. Dann bleiben wir eben zu Hause, da hab ich alles unter Kontrolle.

Morgen abend werd' ich einfach mittrinken. Ich hol' ihm eine Flasche von dem Billigeren, der hat nicht so viele Prozente. Dann seh' ich wenigstens, wieviel er kippt, und er merkt, dass man mit mir doch noch was anfangen kann. Guter Plan.

Hauptsache, es gibt nicht wieder Knatsch. Dann säuft er erst recht. Ich muss mich echt zurücknehmen. Nicht dass er mir noch davonläuft. Ach was, kann er doch gar nicht. Ohne mich wär' er doch aufgeschmissen. Und wenn er schon 'ne Andere hat? Die fröhlich mittrinkt und den Mund hält? Bei der er noch den tollen Hecht markieren kann? Hilfe, ich muss mich echt zusammenreißen. Ich sag lieber gar nichts mehr."

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+++ 3. Anklagephase+++

"Mann, so geht das nicht weiter. Manchmal könnt' ich ihn umbringen. Er wird schon sehen. Morgen kauf ich 'ne Axt und schlag' ihm seinen dummen Schädel ein. Diese ewigen bösen Attacken, die Häme, dieses miese Schweigen! Nie ist er da, und wenn, dann kotzt er mich an! Und letztens hat er mich geschlagen, das muss man sich mal vorstellen! Dabei hab ich doch nur mal wieder mit Tom telefoniert, der brauchte meine Hilfe, das heißt doch nicht gleich, dass ich mit ihm in die Kiste steige!

Wenn er doch einfach weg wäre. Aber ich kann ihn so nicht hängen lassen. Er würde doch nur in der Gosse landen. Und die Kinder? "Mein Vater, der Penner." Und er war doch so ein lieber Kerl, was mach ich nur. Die einen sagen, verlass' ihn, die anderen sagen, Du musst da jetzt durch, Du hast ja eine Aktie dran, ich weiß es doch auch nicht. Wenn es doch wenigstens einen gäbe, der mir einfach nur zuhört und mich versteht. Alle hacken sie auf mir 'rum. Alle.

Heut Nacht werd' ich wieder nicht schlafen können. Zum Glück hab ich ja das Valium vom Arzt, damit geht's dann meist noch. Und die Tabletten gegen die Magenschmerzen. Und morgen komm ich dann wieder nicht aus dem Bett, das Bad muss schon lange mal wieder geputzt werden, jeden Tag schieb ich das auf. Die Kinder hatten auch schon lange keinen Spaß mehr. Ich bin eine Rabenmutter. Sie haben Recht. Ich hab 'nen Säufer verdient. Ist doch so. Am besten bring' ich mich gleich um. Wenn die Kinder nicht wären..."

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Abhängiger & Co.: Konstellationen

Die Partnerwahl von Alkoholikern fällt oft auf...

* tüchtige, aber bescheidene Menschen,
* die sich zurücknehmen können,
* die weder viele Freunde noch Interessen und Ambitionen haben,
* die es schätzen, sich um alles zu kümmern,
* und die immer für sie da sind,
* ohne selbst nennenswerte Ansprüche zu stellen.

Auch wenn dieses Charakterprofil zu Beginn der Beziehung oft noch nicht vorhanden ist, gelingt es vielen Süchtigen im Laufe der Zeit, ihre Partner so lange unter Druck zu setzen und zu 'erziehen', bis sie dem Ideal schließlich entsprechen.

Als 'Gegenleistung' erhält der/die Auserwählte die Bereitschaft des Süchtigen,

* sich ganz und gar auf ihn/sie zu fixieren,
* andere Menschen und Interessen dafür zu vernachlässigen
* und sich - in einem begrenzten Rahmen - gewissen Regeln zu unterwerfen.

Aus dieser Konstellation erwächst die typische, gegen die Außenwelt hermetisch abgeschlossene Alkoholikerfamilie... der Fels in der stürmischen Brandung.

Wenn die Alkoholabhängigkeit schon so weit fortgeschritten ist, dass diese Erwartungen auf Seiten des Süchtigen schon zu Beginn erkennbar sind, spricht dieses Partnerschaftsmodell häufig Menschen an, die ihren eigenen Fähigkeiten so wenig vertrauen, dass sie Konkurrenz und echte Autonomie ('vorwärts allein im Sturm') nicht ertragen könnten. Vor allem Töchter suchtkranker Eltern sind gefährdet, ein solches Selbstbild - und eigene Abhängigkeiten - zu entwickeln.

Sie sind es - häufig von Kindheit an - nicht gewohnt und erwarten auch nicht, dass sich jemand ernsthaft für sie interessiert. Auch in Partnerschaften mit größter Nähe und Abhängigkeit ist ihre Individualität deshalb nicht allzu gefragt, weil sie sich selbst gar nicht erst als eigenständig ins Spiel zu bringen versuchen. Viele Coabhängige halten sich selbst für relativ unbedeutend, vielleicht sogar 'strafwürdig', und stellen deshalb das Leben des anderen über ihr eigenes. Dabei 'docken' sie aber gleichzeitig an das andere Leben an und wachsen somit über sich hinaus. Frei nach Goethes Motto: "Immer strebe zum Ganzen, und kannst du selber kein Ganzes werden, als dienendes Glied schließ an ein Ganzes dich an." Durch diese Strategie der Erweiterung empfinden sie ein Gefühl von Stärke, das ihnen sonst versagt bliebe.

Vor diesem Hintergrund sind sie dem Alkoholiker (wie auch z.B. dem Narzissten) kein Stachel im Fleisch, wie es Menschen wären, die ihr Leben eigenständig sinnvoll zu gestalten wissen, Freunde haben und nicht unbedingt auf andere angewiesen sind. Der Süchtige ist dazu ja nach längerer Abhängigkeit selbst nicht mehr in der Lage, und die Gegenwart erfolgreicher Menschen lässt ihn seine Misere um so deutlicher spüren. Deshalb hat er - abgesehen vom Partner und einigen unkritischen (Sauf)Kumpanen - meist keinen allzugroßen Bekanntenkreis. Kritische und selbständige Freunde wurden ja schon frühzeitig 'entlassen' (siehe: kritische Phase). Übrig bleiben affirmative, nicht allzu tiefsinnige, im Idealfall ebenfalls trinkende 'Party People'. Diese Wahl des Freundeskreises erklärt sich u.a. dadurch, dass Alkoholiker aufgrund des Wissens um eigene Defizite meist chronisch neidisch und eifersüchtig sind.

Die Partner von Alkoholikern können und dürfen selbst kaum Unterstützung von Seiten des Süchtigen erwarten. Der Abhängige hat mit sich schon genug zu tun und daher keine Antenne für die Sorgen der Familie. So nimmt er dann in der Regel ganz selbstverständlich an, dass der andere sein Leben ganz nach seinen Bedürfnissen ausrichtet. Ist er dazu nicht bereit, wird ihm ebenfalls mit Entlassung gedroht; tut er es aber, wird er benutzt, verachtet und später gar für die Misere (mit)verantwortlich gemacht. Wie er sich dreht und wendet, es ist falsch. Das ist übrigens der Grund, warum viele langjährige Partner Alkoholabhängiger wirklich coabhängig sind: wären sie es nicht, hätte man ihnen längst den Laufpass gegeben, oder sie hätten das Handtuch geworfen.

Das Desinteresse des Alkoholikers an der Person des anderen - bei gleichzeitigem Interesse an der Funktion, die er im eigenen Leben erfüllt -, erklärt übrigens, warum er sich oft so ganz ohne Bedauern radikal von seinem Leidensgenossen abwendet, sobald es ihm besser geht (nach dem Entzug z.B.) oder sobald jemand in sein Leben tritt, der 'geeigneter' erscheint.

Echte Liebe basiert ja auf einer fruchtbaren Interaktion zwischen zwei eigenständigen, halbwegs stabilen Persönlichkeiten, die den anderen in - oder gerade wegen - seiner Andersartigkeit zu schätzen wissen. In einer coabhängigen Beziehung ist aber genau das nicht der Fall: Der Coabhängige erwartet gar kein echtes Interesse, und der Alkoholabhängige will oder kann es nicht aufbringen. Dennoch sieht das Ganze aufgrund der großen Nähe von außen (und auch oft im Verständnis beider) aus wie Liebe, obwohl es sich eigentlich eher um ein gegenseitiges Benutzen handelt.

Dieses besondere Verhältnis ist jedoch keine reine Täter-Opfer-Konstellation. Auch der Coabhängige hat Macht über seinen Partner; er organisiert, deckelt, hält ihm den Rücken frei und wird somit unverzichtbar (bis ein anderer seine Rolle zu übernehmen bereit ist). Das Spiel ist komplex: Wird der Alkoholiker aggressiv, nimmt er sich zurück; bricht der Alkoholiker Regeln und Absprachen, hat das eine Bestrafung zur Folge. Auf diese Weise quälen sich die Partner oft jahrelang gegenseitig, wobei auch im Auf und Ab eine gewisse absurde Balance und Stabilität gewahrt bleibt.

Dabei glauben viele Coabhängige fest daran, mit genügend Liebe, Zuwendung, Erziehung und Kniffen das Ruder doch noch herumreißen zu können; obwohl sie das unbewusst gar nicht wollen und eigentlich alles dafür tun, dass die Situation unverändert fortbesteht.

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Destruktive Vorurteile gegenüber Co-Abhängigen

Gerade die Partnerinnen Alkoholabhängiger haben häufig mit Vorurteilen und Anfeindungen in ihrem sozialen Umfeld zu kämpfen. Das liegt unterem daran, dass viele Süchtige weitreichende manipulative Fähigkeiten entwickeln, die sie dazu verwenden, ihre Umwelt glauben zu machen, sie seien nicht selbst für ihre Misere verantwortlich zu machen, sondern beispielsweise die böse, ewig nörgelnde, unausstehliche Ehefrau. Wenn sich beim Alkoholiker Eloquenz dann noch mit Charme paart, sind viele Mitmenschen eher geneigt, ihm zu glauben, als seiner 'sauertöpfischen' Ehefrau, die sich ohnehin in letzter Zeit gehen lässt, obwohl sie doch ihren Kontrollzwang und ihre Herrschsucht ganz und gar ausleben kann (so das verbreitetste Vorurteil). Zwei Bilder von der Coabhängigen - die sich oft überlagern - dominieren dabei die öffentliche Meinung:

1.) Die charakterschwache, abhängige, Kraft saugende Frau mit Helfersyndrom, die alleine gar nichts wäre, und

2.) die herrschsüchtige, dominante, zeternde, manipulative Frau, die den Süchtigen missbraucht, um ihr Ego 'aufzupolieren'.

Im Folgenden möchten wir die vorherrschenden Klischees - die aber doch auch auf realen Verhaltensmustern basieren - noch etwas ausdifferenzieren. Dabei stellen wir die einzelnen 'Typen' in zwei Kategorien bewusst überspitzt dar, um Zusammenhänge besser zu verdeutlichen.


Pfannenmord

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+++ "Das Opfer" +++

Die Naive...

glaubt und hofft auf ewig, verdrängt die Tatsachen, ignoriert alle Hinweise und ist sich sicher, dass alles irgendwann wieder in's Lot kommt.

Die Kompetente...

ist tüchtig und hat alles gut im Griff; sie ist ein Segen für jeden Haushalt, und der Alkoholiker kann sich glücklich schätzen, sie zu haben, denn ohne sie wäre er nichts.

Das Muttchen...

putzt, kocht, regelt, wischt die Kotze weg und hat kein eigenes Leben; sie opfert sich für 'ihr Baby'.

Die Masochistin...

bittet, bettelt, fleht und liebt, erniedrigt sich und wird dafür nur getreten; sie hält sich selbst für unwert und genießt es, gequält zu werden.

Die Depressive...

ist ständig traurig, kraftlos und müde, lässt sich gehen, kommt nicht mehr aus dem Bett, vernachlässigt ihre Familie, bekommt nichts mehr 'auf die Reihe' und verschwindet von der Bildfläche. Die armen Kinder.

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+++ "Die Täterin" +++

Die Domina...

droht (mit Liebesentzug, Trennung und Enttarnung), herrscht, straft und unterdrückt, kontrolliert (sucht und markiert Flaschen), verfolgt und bespitzelt (durchwühlt Taschen), erzieht, reglementiert und demütigt den Abhängigen privat und in der Öffentlichkeit. Der arme Mann.

Die Furie...

nörgelt, zetert, nervt, sucht Streit und sinnt auf Rache, intrigiert, verleumdet, stellt bloß, hat Lust an der Zerstörung und verwendet alles gegen den Süchtigen (Vorsicht: Alkoholikerparanoia!)

Die Egoistin...

wendet sich ab vom Elend, kümmert sich nur noch um sich, vernachlässigt ihren Mann und die Familie, kommt ihren Pflichten nicht nach, ist nie mehr zu Hause, denkt nur an die eigene Karriere und ignoriert alle Hilferufe.

Die Vampirin...

saugt Selbstwert aus dem Hilfsbedürftigen, weil sie selbst so blutarm ist; sie fürchtet jegliche Veränderung, um nicht zusammenzubrechen.


Dämonen

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+++ "Opfer und Täterin zugleich" +++

Die Heilige...

ist stets perfekt und fehlerlos, selbstgerecht und moralisch immer im Recht; sie lässt in ihrer Makellosigkeit alle klein und schlecht erscheinen, und niemand hat neben ihr eine Chance, sich zu entfalten.

Die Komplizin...

versteht, verzeiht, vergibt und tröstet, ebnet den Weg, erklärt und entschuldigt, wimmelt Eindringlinge ab und lügt für den Süchtigen.

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Folgen für den Co-Abhängigen

* Somatische Folgeerkrankungen von:

Herz (Herzinfarkt), Kreislauf (Bluthochdruck!), Magen und Darm

* Immunschwäche aufgrund von Selbst-Vernachlässigung und Dauerstress:

Gefahr von Ansteckungen und Krebserkrankungen nimmt zu

* Suizidgefahr, Selbstverletzungen

* Realitätsverlust, Verlust des Selbstwertgefühls

Ängste, Depressionen, Paranoia, Schizophrenie

* Eigener Substanzmissbrauch

Alkohol, Schlaf- und Schmerztabletten, Psychopharmaka, Drogen...

* Riskantes Verhalten

Rasen, ungeschützter Sex etc. als versteckter Selbstzerstörungstrieb und zum Frustrationsabbau

Coabhängigkeit ist eine ernstzunehmende Krankheit, die körperliche, psychische und kognitive Schäden anrichtet und unbedingt behandelt werden muss.

Über die psychischen Folgen nach längerem Zusammenleben mit einem Alkoholiker lesen Sie bitte auch unseren Beitrag zum Thema Alkoholikerfamilien.


Gas

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+++ Was führt zu psychosomatischen Erkrankungen? +++

*** Angst:

* vor verbaler und körperlicher Gewalt, Aggressionen, Missbrauch
* vor unerwarteten Ausbrüchen und Krisen,
* um die Kinder,
* um den Abhängigen (Folgeschäden, Suizid, Absturz)
* vor finanziellem Ruin, Verlust der Wohnung, der Arbeit, sozialem Abstieg
* vor der Geringschätzung durch Freunde, Bekannte und Verwandte
* vor Einsamkeit, Isolation
* vor totalem Verlust der Kontrolle

*** das Eintreten des oben Genannten

*** Schuldgefühle, Scheitern, Versagen

*** der Verlust des Selbstwertgefühls

*** emotionale Vernachlässigung durch den Partner

*** emotionale Verletzungen durch den Partner

Auch angesichts schwerer Enttäuschungen und der völligen Zerrüttung des Vertrauens halten oft beide Partner noch lange an der Beziehung fest, weil sie der Meinung sind, dass der Status Quo immer noch erstrebenswerter ist als jegliche Veränderung (die ja beispielsweise dazu führen könnte, vom Anderen verlassen zu werden). Häufig muss es erst zu ernsthaften Krisen kommen (durch schwerwiegende Erkrankungen, Straftaten, Verlust des Arbeitsplatzes usw.), ehe Veränderungen ins Auge gefasst und Hilfsangebote angenommen werden.

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Zahlen und Fakten

In Deutschland gibt es schätzungsweise 1,3 Millionen Partner von Alkoholabhängigen. Zwei Drittel davon sind Frauen. Dazu kommen weitere 1,8 bis 2 Millionen Kinder und Jugendliche. (Klein/Zobel 1997)

Etwa die Hälfte der Partner oder Partnerinnen von Alkoholabhängigen ist psychisch auffällig. (Kogan et al 1963)

32% der Partnerinnen von Alkoholikerinnen haben Depressionen. (Rimmer & Winokur, 1972)

42% der Coabhängigen haben eine Familiengeschichte des Alkoholismus in der Verwandtschaft 1. oder 2. Grades. (ebda.)

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Das folgende Gedicht finden Sie im Buch: "Die Liebesgeschichte des Jahrhunderts. Roman in Gedichten." von Märta Tikkanen.

Die Frau eines Alkoholikers

Die Frau eines Alkoholikers
das ist eine
die sich immer ins Unrecht setzt
wie sie sich auch dreht und wendet
Wenn sie versteht und versteht
und verzeiht
und den Weg ebnet
und die Verwandtschaft abwimmelt
und die Kinder beruhigt
Wenn sie bewundert
und tröstet
und glaubt und glaubt und glaubt
und hofft
dann ist sie ein selbstgerechtes Ekel
immer so verdammt perfekt
und fehlerlos
eine Allmächtige
die glaubt, sie kann Berge versetzen
und die Sünden vergeben
Es ist zum Kotzen
verflucht nochmal
wenn man ihren Heiligenschein sieht
Und wenn sie bittet und bettelt
und die Flaschen versteckt
und die Hälfte aus dem Fenster
oder in die Blumentöpfe kippt
und es satt hat, die Verwandtschaft anzulügen
und es bei den Kollegen wieder mal
auf eine Darmgrippe zu schieben
und sich taub stellt
wenn zum fünfhundertneunzigsten Mal
die unglückliche Kindheit beschworen wird
und der nicht zu vergessende Krieg
und die neidischen Kollegen
dann ist sie eine ganz Gefährliche
intrigant und rachsüchtig
und weiß der Teufel
ob sie es nicht ist
schließlich und endlich
die all diese Intrigen
ständig anzettelt
und die Verleumdungen und Hetzkampagnen

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Natürlich ist sie es
die hinter all dem steckt
Wer sonst kennt so genau
die kleinsten Einzelheiten, die man jetzt
an den Kopf geworfen kriegt
Sie sitzt da wie die Spinne im Netz
ganz geschwollen vor Bosheit, pfui Teufel
Und wenn sie schließlich einsieht
dass sie ein eigenes Leben
zu leben hat
und dass sie doch niemals
das Leben eines anderen leben
und seine Last tragen kann
selbst wenn sie es wollte
und noch so gern täte
dann ist sie ein eiskaltes Biest
eine verdammte Karrierefrau
die sich für alles mögliche engagiert
sich für alle möglichen Leute einsetzt
nur nicht für den, der ihr am nächsten steht
und der sie am meisten braucht
und dem sie außerdem gelobt hat
ihn in Freud und Leid zu lieben
Mit der Freude ist es jetzt aus und vorbei
sobald das kleinste Leid auftaucht
Ständig ist sie jetzt auf Achse
mit lauter Kinkerlitzchen beschäftigt
und vor allem mit sich selbst
und mit ihrem eigenen Erfolg
was auch immer das zum Teufel heißen soll
Aber es geht auf Kosten von jemand anders
vergiss das nicht
Na, das ist ihr wohl scheißegal
der alten Hexe
Und wenn sie schließlich aufgibt
und allein da steht
fertig mit den Nerven
mit den verstörten Kindern
und mit tausend Gewissensbissen
weil sie zu wenig geliebt hat
oder vielleicht zu viel geliebt hat
weil sie dies oder jenes unterlassen hat
was vielleicht noch alles gerettet hätte
wenn sie nur fähig gewesen wäre
ein bisschen besser zu verstehen
dann kann man Gift drauf nehmen
dass sie schon bald den nächsten Kerl gefunden hat
in den sie ihre Krallen schlagen kann
den sie quält und plagt
und beherrscht
als dessen Schutzengel sie sich aufspielt
bis auch diesem armen Teufel
nichts anderes übrig bleibt
als die Flasche...

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Ich lese meine Notizen
aus neun Büchern
über den Alkoholismus
All das ist mir vertraut
ich weiß
dass jemand
der ohne Liebe aufgewachsen ist
nicht glauben kann
dass es Liebe gibt
Ich kenne alle Tricks und Finten
um grenzenlose Bedürfnisse
befriedigt zu bekommen
Mehr und mehr und mehr muss es sein
Nie ist es genug
Ich kenne allmählich nur allzu gut
die Rituale:
mal umsorgt
mal ausgeschimpft
Schuldgefühle wegen allem und jedem
vor allem wegen der Sauferei
die Wonnen des Katzenjammers
der endlich die Strafe bringt
ersehnt und inszeniert
Ich lese meine Notizen
über die herrschsüchtigen Frauen
der Alkoholiker
die einen Schwächling brauchen
den sie unterdrücken
und um der Kinder willen hassen können
um nicht selbst unterzugehen
Und dann lese ich davon
wie die Frau jede Besserung
raffiniert zu verhindern weiß
Ich werde sehr müde
Wozu
mache ich überhaupt weiter
wenn es noch dazu so ist
dass ich diejenige bin
die dich daran hindert
ein ganzer Mensch zu werden?
"Was für eine durch und durch ehrliche
Darstellung des Alkoholismus"
urteilen die klugen Männer in den Feuilletons
über deine enthüllende Biographie
Komisch, dass keiner von ihnen sich die Frage stellt
ob da nicht was fehlt
wie zum Beispiel die Gerüche?

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Der scharfe, durchdringende Kognakdunst
der einem aufs Zwerchfell schlägt
kaum dass man zur Tür hereinkommt
Der laue, schwere Gestank von Kognak
vermengt mit Magensaft
wenn du alles wieder ausgekotzt hast
Herbe Rotweintinte
saure Weißweinrülpser
süßliches Sherrygeplansch
klebriger Wermut
Aber am ekelhaftesten
der süßliche Dunst des Bieratems
den du über mich hinbläst
zum x-ten Mal behauptend
Bier sei der Potenz förderlich. Ach!
Der Geruch der Maische, der sich faulig
im Schlafzimmer breitmacht
wenn du in deinen Kleidern
quer über beiden Betten eingedöst bist
mit einem bräunlichen Speichelfaden am Kinn
Der Durchfall
der unfehlbar darauf folgt
ist tagelang im Haus zu riechen
vermischt mit dem bitteren Distraneurin
von dem man so weiße Zähne kriegt
Nichts weiter als das
Nichts weiter als die Gerüche
Natürlich weiß ich sehr gut
dass dies alles
auf eine bestimmte Weise
widerlich ist
Jetzt liegst du da
lallend
mit allen Kleidern am Leib
falls ich sie dir nicht ausziehe
Jetzt kann ich genau in dem Ton sprechen
der mir gerade passt
wenn ich Anrufer für dich abwimmle
Jetzt kannst du mich nicht mehr treffen
mit deinen sarkastischen Bosheiten
die mich verzweifelt machen
auch wenn du ungerecht bist
denn ich weiß ja
warum du so bist
Du hast Angst
vor mir!

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Jetzt weißt du
wenn du noch einmal
aus diesem Elend
heil herauskommen solltest
dann deswegen
weil ich dir genau dann
die Medikamente gebe
wenn du sie kriegen musst
weil ich dir keinen Alkohol mehr gebe
gerade wenn du meinst
du könntest auf keinen Fall
ohne ihn auskommen
weil ich dafür sorge
dass du Salz und Proteine zu dir nimmst
wenn der Stoffwechsel gestört ist
weil ich einen Krankenwagen rufe
und dir nicht deinen Willen lasse
wenn du dich weigerst
dich auf die Tragbahre zu legen
obwohl du gerade noch darum gebeten hast
ins Krankenhaus kommen zu dürfen
weil ich da sitze
und deine Hände halte
auch wenn mir überhaupt nicht danach ist
deine Hand zu halten
oder dich auch nur
zu sehen
Auf eine bestimmte Weise
ist dies alles widerlich -
die Oberhand zu haben
und die Macht
und gar nichts dagegen
einzuwenden zu haben
Am schlimmsten ist es zu wissen
dass wir beide
dies alles wissen
Auf eine bestimmte Weise
ist dies alles widerlich -
die Oberhand zu haben
und die Macht
und gar nichts dagegen
einzuwenden zu haben
Am schlimmsten ist es zu wissen
dass wir beide
dies alles wissen

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