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Alkoholkrankheit » Ursachen der Alkoholsucht


Mehrere Faktoren fördern die Alkoholsucht

Für die Entstehung einer Alkoholabhängigkeit ist das Zusammentreffen verschiedener suchtbegünstigender Faktoren notwendig. Es gibt niemals nur EINEN Grund oder Auslöser für Abhängigkeiten. Sowohl die genetische Veranlagung als auch das kulturelle Umfeld sowie Persönlichkeitsstrukturen und Biographien haben ihren Anteil an der Entwicklung von Sucht.

Unser Link-Tipp: Gehirn und Sucht - Der große Gehirn-Atlas.

Genetische Veranlagung: Kinder von Alkoholikern sind besonders gefährdet

Untersuchungen zufolge haben Kinder alkoholkranker Eltern ein bis zu sechsfach erhöhtes Risiko, selbst Alkohol zu missbrauchen (Quelle, S. 153). Derart 'Vorbelastete' leiden im Durchschnitt auch häufiger als andere unter Ängsten, Depressionen und verschiedenen Persönlichkeitsstörungen.

Andere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass das Risiko, selbst abhängig zu werden, bei Söhnen alkoholkranker Väter um die 25% liegt. Bei Frauen scheint die Vererbbarkeit eine etwas geringere Rolle zu spielen; sie wählen aber später häufiger einen alkoholabhängigen Partner als andere Frauen und werden öfter coabhängig.

Welche Gene für die Prädisposition zur Sucht verantwortlich sind, ist bis heute jedoch noch nicht abschließend geklärt.

+++ Niedriger Endorphinspiegel

Suchtgefährdete aus Alkoholikerfamilien haben häufig 'von Haus aus' einen niedrigen Endorphin-Spiegel. Diese Opioidpeptide werden bei ausdauernder sportlicher Betätigung, Lust und Freude ausgeschüttet. Ein chronischer Mangel führt zu Depressionen und ständiger Niedergeschlagenheit.

Alkohol erhöht (nur) zu Beginn der Abhängigkeit kurzfristig den Endorphin- und Serotoninspiegel und schafft somit erst einmal 'gute Laune', Selbstbewusstsein und Entspannung. Schon nach relativ kurzer Zeit stellt sich das Hirn jedoch auf die ständige Alkoholzufuhr ein; bald schon werden immer größere Mengen benötigt, um den gleichen Wohlfühl-Effekt zu erzielen.

Schließlich lässt sich das 'Ausgangslevel' an Serotonin gar nicht mehr erreichen. Der 'Kater' und der Mangel, Depressionen, Ängste und Aggressionen werden zum Dauerzustand.

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+++ Große Alkoholtoleranz

Kinder alkoholabhängiger Eltern scheinen einen unzureichenden Selbstschutz gegen Alkohol zu haben. Sie können in der Regel mehr trinken, ohne die Konsequenzen zu spüren, weil sie vom Körper keine 'Warnsignale' bekommen, die ihnen bedeuten, mit dem Trinken aufzuhören. Auch der Kater danach ist bei ihnen weniger stark ausgeprägt. Diese Toleranzentwicklung tritt übrigens auch mit zunehmender Abhängigkeit auf.

Andererseits müssen sie mehr trinken, um den gewünschten Effekt zu erzielen (z.B. Beruhigung und Enthemmung). Die Stressdämpfung ist dann aber häufig wesentlich wirkungsvoller, was wiederum das Trinken sehr angenehm erscheinen lässt.

Für diese untypischen Reaktionen auf Alkohol ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein genetisch veränderter Enzymhaushalt in der Leber verantwortlich. Alkohol wird viel schneller und in größeren Mengen abgebaut als bei 'unvorbelasteten' Menschen.

+++ Serotoninhaushalt

Bei erblich vorbelasteten Menschen ist der Serotoninhaushalt sehr oft gestört. Sie haben (wie auch Depressive) meist einen zu niedrigen Spiegel dieses Neurotransmitters, der im Hirn u.a. für Wohlbefinden, Essen, Schlafen und Entspannung zuständig ist. Um diesen Mangel auszugleichen, greifen sie zu Alkohol, weil er den Serotoninspiegel kurzzeitig erhöht.

Längerfristig sinkt der Serotoninspiegel durch die Anpassung des Hirns jedoch dauerhaft ab, und depressive Symptome stellen sich ein. Aggressivität, Impulsivität und der Abbau von Hemmungen (bis hin zu Gewalt und Suizidneigung) sind ebenfalls Folgen von Störungen des Serotoninhaushalts. Ein chronisches Defizit kann übrigens auch durch frühkindliche Traumata hervorgerufen werden.

Die serotonerge Regulation im Hypothalamus und in der Amygdala soll nach neuesten Studien vor allem bei Cloningers 'Typ 2' Alkoholikern gestört sein. Quelle

+++ Verstärkte Bildung von Salsolinol

Acetaldehyd ist ein Zwischenprodukt beim Abbau von Ethanol durch die Alkoholdehydrogenase. Es ist unter anderem für den Kater danach verantwortlich und verursacht langfristig Leber- und Zellschäden. Viele Menschen mit alkoholabhängigen Eltern haben (ebenso wie viele Asiaten und Teile der jüdischen Bevölkerung) einen Mangel an Acetaldehyd.

Die chemische Substanz Salsolinol bildet sich mit Hilfe eines Enzyms im Gehirn aus Acetaldehyd und Dopamin. Salsolinol erweckt (zumindest in Tieren) das starke Verlangen, Alkohol zu trinken. Menschen, die aufgrund ihrer genetischen Veranlagung das Salsolinol bildende Enzym besitzen, tragen mit einiger Wahrscheinlichkeit ein höheres Risiko für Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit als solche, die das Enzym nicht bilden. Quelle

+++ Hypoaktivität der Amygdala

Einer amerikanischen Studie zufolge weist die Amygdala (der Mandelkern bzw. das emotionale Zentrum des Hirns) bei Jugendlichen mit alkoholabhängigen Eltern eine deutlich verringerte Aktivität auf. Durch dieses Defizit geht diese Personengruppe eher Risiken ein - wie exzessives Trinken - als andere Menschen. Quelle

+++ Reduziertes Hirnwachstum

Kinder alkoholabhängiger Eltern haben einer amerikanischen Studie zufolge ein höheres Risiko eingeschränkten Hirnwachstums, das zu Alkoholabhängigkeit führen könnte. Die Gründe dafür sind noch unklar. Quelle

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Biochemische Veränderungen im Hirn - das Suchtgedächtnis

Am Suchtgedächtnis und am 'Craving' beteiligte Hirnregionen sind offensichtlich u.a.: die Inselrinde, der Precuneus, die Amygdala (v.a. rechts), das Anteriore Cingulum ACC, der Orbitofrontale Cortex OFC, der Dorsolaterale Präfrontale Cortex DLPFC, Nucleus Accumbens und Caudatus (ventrales Striatum), der Thalamus, die Hippocampi, der Postzentrale Gyrus sowie das Cerebellum. Viele dieser Hirnregionen sind am 'Belohnungssystem' beteiligt und haben auch Funktionen bei der Verhaltensinhibition/-regulierung.

Überblick über alle beteiligten Hirnregionen »

Alkoholmissbrauch verändert die Struktur und den Chemikalienhaushalt des Hirns. Er schädigt die Neuronen (die Nervenzellen) und schränkt die Durchblutung der Frontallappen ein, was langfristig zu kognitiven Beeinträchtigungen bis hin zur Demenz führt. Lesen Sie dazu auch unseren Artikel.

Bei einem Mangel an Alkoholzufuhr bei bereits bestehender Abhängigkeit entstehen zwei Bedürfnisse:

1.) Unangenehme (Entzugs-)Erscheinungen zu reduzieren und

2.) die erwünschten angenehmen Wirkungen wiederherzustellen.

Alkohol erfüllt beim Alkoholiker also zwei Funktionen: 1. Stress zu reduzieren und 2. positive Gefühle hervorzurufen.

+++ Funktion 1: Stress reduzieren

Für Rastlosigkeit und Unruhe bei verringertem Alkoholpegel sind folgende Abläufe verantwortlich:

* Der Glutamatspiegel steigt. Glutamat ist der wichtigste erregende Neurotransmitter in unserem zentralen Nervensystem. Durch erhöhte Ausschüttung kommt es zu einer Überreizung der Nervenzellen und damit zu Unruhezuständen.

* Der Noradrenalinspiegel und die Produktion des Adrenokortikotropen Hormons (ACTH) sind erhöht. Noradrenalin steigert den Antrieb, und ACTH wird auch als 'Stresshormon' bezeichnet.

* Das Aufkommen an Gamma-Aminobuttersäure (GABA) sinkt. GABA ist der wichtigste inhibitorische (hemmende) Neurotransmitter in unserem Zentralnervensystem. Er ist in den Basalganglien und im Kleinhirn vor allem an der motorischen Kontrolle beteiligt. Im Thalamus beeinflusst GABA die Einleitung und die Aufrechterhaltung des Schlafs. GABA wirkt beruhigend und angstlösend. Benzodiazepine und andere Beruhigungsmittel verstärken seine Wirkung. Bei einem Absinken des GABA-Spiegels kommt es zu Schlafstörungen, Ängsten und Unruhe sowie zu Störungen der Impulskontrolle.

Während des Entzugs und der Abstinenz führt der Wunsch nach Beruhigung am ehesten zu Rückfällen.

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+++ Funktion 2: Positive Gefühle herstellen

Die angenehmen Gefühle während des Trinkens (Enthemmung, Beruhigung, Euphorisierung usw.) werden durch die verstärkte Ausschüttung bestimmter chemischer Substanzen und Botenstoffe (Neurotransmitter) hervorgerufen.

* Serotonin, ein wichtiger Neurotransmitter, steuert unter anderem Schlaf, Sex, Entspannung und Appetit. Ein niedriger Serotoninspiegel führt zu Depressionen. Deshalb heben viele neue Antidepressiva vor allem den Serotoninspiegel an, um die Stimmung zu verbessern. Serotonin wird im Volksmund auch als 'Glückshormon' bezeichnet.

* Dopamin ist ein anderer wichtiger Neurotransmitter, der unter anderem Euphorie und 'Belohnungsgefühle' hervorruft. Kokain und Amphetamine wirken ähnlich wie Dopamin. Eine Senkung des Dopaminspiegels führt zu Entzugserscheinungen wie Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit. Mit zunehmender Abhängigkeit sinkt die Empfänglichkeit für Dopamin.

* Die vom menschlichen Körper selbst gebildeteten Opioidpeptide werden ebenfalls als 'Glückshormone' bezeichnet. Zu ihnen zählen beispielsweise die ß-Endorphine (ENDogene mORPHINE). Endorphin wird bei Lust, Sex, ausdauerndem Sport und freudiger Erregung ausgeschüttet.

Nach längerem Alkoholmissbrauch sinkt das Dopamin-, Serotonin- und Endorphinaufkommen dauerhaft - und mit ihm die Stimmung. Inzwischen ist der Alkoholabhängige aber davon überzeugt, dass sich durch das Trinken weiterhin angenehme Gefühle einstellen, obwohl dies eigentlich nur zu Anfang der Fall war und später die negativen Erfahrungen deutlich dominieren.

Persönlichkeit und Psyche

Ob Menschen süchtig werden, hängt nicht nur von ihren Genen, sondern auch von ihrer Persönlichkeitsstruktur ab, die sich durch äußere Faktoren und innere Entwicklungen gefestigt hat.

Sicher hat jeder Mensch im Laufe seines Lebens Probleme in einem oder mehreren der besagten Bereiche. Ob er aber abhängig wird, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Wenn genügend alternative 'Bewältigungsstrategien' für Persönlichkeitsdefizite und Konflikte vorhanden sind, sind die Risiken für eine Abhängigkeit auch bei erblicher Veranlagung und hoher 'Verfügbarkeit' verhältnismäßig gering.

Suchtgefährdet sind vor allem Menschen mit Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, Ängsten und Phobien sowie mit ausgeprägter Affektschwäche und mit Störungen der Impulskontrolle.

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+++ Psychische Störungen - Ängste und Depressionen

Studien zufolge fangen viele Depressive mit einer Veranlagung zur Sucht etwa 5 Jahre nach ihrem ersten depressiven Schub an, regelmäßig stark zu trinken. (Quelle, S. 217).

Menschen mit einer Familiengeschichte des Alkoholismus greifen oft schon in jungen Jahren zu Alkohol und anderen Drogen als Selbstmedikations-Mittel der Wahl und gegen aufkommende depressive Tendenzen. Bei unbehandelter Depression ist eine dauerhafte Abstinenz sehr schwer zu erreichen.

Eine amerikanische Studie aus dem Jahr 2000 kommt zu dem Ergebnis, dass der Anteil der alkoholmissbrauchenden Frauen bei depressiven Patientinnen 2,6 mal höher ist als bei nicht depressiven.

Einer besonderen Gefährdung unterliegen Menschen mit einer ängstlich-agitierten Depression, Angst- und Panikstörungen sowie Phobien. Alkohol ist für sie die 'ideale' Droge, weil er beruhigend, dämpfend und effektiv angstlösend aufs Zentralnervensystem wirkt.

Einer anderen Studie zufolge praktizieren bis zu 20% der Menschen mit sozialen Phobien (Kontaktstörungen) einen schädlichen Konsum von Alkohol. Das Rauschmittel hilft ihnen dabei, ihre Hemmungen, Ängste, Unsicherheiten und Minderwertigkeitsgefühle kurzfristig zu überwinden. Bei unbehandelter Sozialphobie sind viele Betroffene nur unter dem Einfluss von Rauschmitteln fähig, sozial angepasst zu 'funktionieren'.

Doch das Verhältnis von Alkoholmissbrauch und Depressionen ist alles andere als einseitig. Nicht nur fördern Depressionen nicht selten die Entstehung von Alkoholismus, sondern der Alkoholismus selbst ruft Ängste und Depressionen hervor. Bitte lesen sie dazu auch unseren umfangreichen Artikel zum Thema Alkohol und Depressionen.

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+++ Alkohol als 'Selbst-Medikation' bei Persönlichkeitsstörungen

Menschen mit Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen (wie Borderline, Schizophrenie, antisozialen Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen, depressiven Störungen und Narzissmus) nehmen nicht selten Zuflucht zum Alkohol als Mittel der Selbstmedikation, bevor sie andere Therapiewege ins Auge fassen. Gerade in diesen Fällen erfüllt das Rauschmittel häufig eine wichtige Funktion zur Stabilisierung der Persönlichkeit und sollte mit Bedacht 'abgesetzt' werden. Lesen Sie dazu auch unsere Beiträge zu den Themen Entzug und Depressionen.


+++ Selbstwert-Defizite

Gerade Menschen mit Kontaktschwierigkeiten, sozialen Ängsten und Hemmungen sehen in Alkohol oft einen Ausweg, sich im Alltag freier zu bewegen. Zu Anfang verhilft der Alkohol in der Regel zu einer positiven Selbstsicht, zum Abbau von Hemmungen gegenüber anderen Menschen, zur Stresslösung, zur Freisetzung blockierter aggressiver und sexueller Impulse sowie unter Umständen auch zu einer größeren Kreativität. Beim Trinken ist es wesentlich leichter, soziale Kontakte zu knüpfen und aufrecht zu erhalten. Menschen mit Unsicherheiten und Minderwertigkeitskomplexen verhilft der Alkohol zumindest zeitweise zu einem stabilen Ego. Er ist zu diesem Zweck vor allem immer dann das Mittel der Wahl, wenn schon in der Kindheit keine anderen Strategien zur Problem- und Spannungslösung und zur Stärkung des Selbstwerts eingeübt wurden.

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+++ Geringe Frustrationstoleranz

Frustrationstoleranz ist die Fähigkeit, Enttäuschungen zu kompensieren oder Bedürfnisse aufzuschieben, ohne dabei in Aggression oder Depression zu verfallen. Menschen mit Defiziten in diesen Bereichen sind besonders gefährdet, alkoholabhängig zu werden.


+++ Störungen der Impulskontrolle

Als Störung der Impulskontrolle oder Impulskontrollstörung wird in der Psychiatrie und der Klinischen Psychologie ein Verhaltensablauf bezeichnet, bei dem ein als unangenehm erlebter Anspannungszustand durch ein bestimmtes impulsiv ausgeübtes Verhalten (z.B. exzessives Trinken) aufgelöst wird.

Das impulsive Verhalten wird dranghaft, oft automatisch ausgeführt. Es wird zwar bewusst erlebt, kann aber willentlich nicht oder nur schwer verhindert werden. Impulskontrollstörungen können somit als eine Form der Willensschwäche bzw. Volitionsstörung aufgefasst werden.

Voraussetzung für eine Bewertung impulsiven Verhaltens als psychische Störung ist, dass es als "unangepasst" gelten kann, also entweder nicht den vernunftorientierten Zielen der betreffenden Person entspricht oder dem Betroffenen selbst oder anderen Personen Schaden zufügt (z.B. Schulden, Unfälle, Verletzungen). Das ist bei der Alkoholsucht eindeutig der Fall. Quelle: Wikipedia

Studien zufolge haben schon viele Kinder von Alkoholikern eine geringere Angst vor potentiell gefährlichen Situationen als andere. Auch Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung sind später stärker gefährdet.

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+++ Affektlabilität

Menschen mit einer ausgeprägten Affektlabilität leiden unter schnellen Stimmungswechseln. Sie werden von ihren Gefühlen häufig regelrecht überrollt, ohne die Ursache erkennen und eine Veränderung bewirken zu können. Die Affekte haben meist nur eine kurze Dauer, unterliegen vielfachen Schwankungen und wechseln ihre Grundstimmung. Auslöser für Stimmungswechsel sind dabei häufig zum Teil geringfügige äußere oder innere Anlässe. Alkohol bewirkt in diesen Fällen in der Regel eine erwünschte 'Einebnung' der Gefühlslage, die bewirkt, dass die Schwankungen nicht so drastisch ausfallen. Deshalb ist die Suchtgefahr auch hier groß, und beim Entzug ist besondere Vorsicht geboten.


+++ Selbstzerstörerische Impulse

Studien gehen davon aus, dass die Suizidrate bei Alkoholikern bis zu 75 mal höher ist als in anderen Teilen der Bevölkerung. Die mit dem missbräuchlichen Alkoholkonsum einhergehenden emotionalen und körperlichen Probleme bieten dafür ebenso Ursache und Anlass wie sozialer Druck und Abstieg, Vereinsamung, Scham und Selbsthass.

Alkoholexzesse und Rückfälle nach Abstinenzen können oftmals auch als ein Versuch (indirekter) Selbstzerstörung betrachtet werden. In diesem Fall bewirken Methoden der 'Abschreckung' (Hinweise auf schwere Erkrankungen etc.) in der Regel nichts, denn der Betroffene ist ja ohnehin fest entschlossen, seinem Leben ein Ende zu setzen. Oftmals wird der Wunsch nach Selbstzerstörung schon in der Kindheit angelegt. Missbrauch, Gewalt, Vernachlässigung, nicht kindgemäße oder fehlende Erziehung und - last but not least - Alkoholismus in der Familie sind zu großen Teilen dafür verantwortlich. Lesen sie dazu bitte auch unseren Artikel über die Probleme von Kindern aus Alkoholiker-Familien.

Der psychoanalytische Ansatz geht davon aus, dass in vielen dieser Fälle ein unbarmherzig strafendes Über-Ich durch Selbstvernichtung abgewehrt werden soll. Oftmals ist eine völlige Abstinenz vor diesem Hintergrund unrealistisch, so dass auch die Möglichkeiten kontrollierten Trinkens oder einer reinen therapeutischen Begleitung des Trinkens ins Auge gefasst werden sollten.

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Alter, Geschlecht und gesellschaftliche Stellung

+++ Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen

Die Gründe für frühen Alkoholismus sind vielfältig. Missbrauch, Gewalt und Alkoholismus in der Familie, Depressionen, Vernachlässigung, Drogensucht, zu großer Druck in der Schule/Lehre und andere traumatisierende Erfahrungen stehen dabei ganz oben auf der Liste der Ursachen.

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Gerade Kinder und Jugendliche unterschätzen oft die Wirkungen und Folgen exzessiven Alkoholkonsums. Sie sind daher stärker als Ältere gefährdet, durch Unfälle geschädigt oder getötet zu werden oder sich (oft ohne Vorsatz) das Leben zu nehmen. Bei Kindern und Jugendlichen schreitet der alkoholbedingte Verfall viel schneller voran als bei Erwachsenen, und die Alkoholabhängigkeit ist später hartnäckiger. Letzteres liegt unter anderem daran, dass das junge, flexible Hirn ein besonders starkes Suchtgedächtnis entwickelt.

Außerdem ist Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen häufig stärker akzeptiert als bei Erwachsenen, so dass Therapien oft erst spät zu greifen beginnen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Alkohol häufig der Problemlöser Nummer 1, weil andere Strategien gar nicht erst erlernt wurden.

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+++ Alkoholmissbrauch im Alter

Vor allem ältere Menschen leiden häufig verstärkt unter Depressionen und Ängsten, die sie für Alkohol empfänglich machen. Die Gründe sind so vielfältig wie nachvollziehbar: Verlust des Arbeitsplatzes, völlige Umstellung des Tagesablaufs und der Lebensgewohnheiten, Verlust des Partners, Vereinsamung, Verlust der Selbstbestimmung, Perspektivlosigkeit, Einweisung ins Pflegeheim, körperliche Gebrechen, Nachlassen der kognitiven Leistungen...

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Studien zufolge ist ein Drittel der älteren Alkoholiker schwer depressiv. Dabei werden die deutlichen Zeichen der Depression und des Alkoholmissbrauchs leider oft von vielen Ärzten als normaler Alterungsprozess abgetan und missverstanden. Deshalb gelangen noch immer viel zu wenige ältere Menschen in den Genuss effektiver Sucht- und Depressionstherapien (zynischer Weise wohl auch aus Kostengründen).

Eine amerikanische Studie von 5000 Menschen über 60 kam zu dem Schluss, dass 15% der Männer und 12% der Frauen einen gefährlichen Alkoholkonsum praktizierten und 9% bzw. 3% als alkoholabhängig eingestuft werden konnten.

Dabei wirkt Alkohol auf das Zentralnervensystem Älterer viel stärker als auf jüngere Konsumenten. Schon bei relativ geringen Mengen stellen sich stärkere Rauschzustände ein. Durch eine im Vergleich zu Jüngeren allgemein schlechtere gesundheitliche Verfassung kann der Alkohol in wesentlich kürzerer Zeit größere Schäden anrichten.

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+++ Alkoholmissbrauch bei Frauen

Etwa 30 Prozent der geschätzten 2,5 Millionen behandlungsbedürftigen Alkoholiker in Deutschland sind weiblich. Zu diesen 750.000 bis 800.000 Alkoholikerinnen kommt aber wohl noch eine große Anzahl stark gefährdeter Frauen. Quelle

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Studien gelangen zu dem Ergebnis, dass Frauen zwar in der Regel erst später im Leben alkoholabhängig werden, dass die mit der Erkrankung assoziierten Schäden aber etwa zur selben Zeit wie bei den Männern auftreten. Das liegt wohl daran, dass der Alkohol auf Frauen stärker toxisch wirkt.

Eine der Hauptursachen für Alkoholismus bei Frauen sind Depressionen. Studie. Missbrauch und Alkoholismus in der Kindheit, gesellschaftliche Benachteiligung, Doppelbelastung sowie Perspektivlosigkeit und Einsamkeit nach dem Auszug der Kinder sind nur einige Gründe, warum Frauen zu trinken beginnen.

Leider sind die Einrichtungen und Angebote der Alkoholismustherapie noch immer sehr auf Männer fokussiert, was sich unter Umständen bei Entzug und Entwöhnung als zusätzlicher Stressfaktor erweisen kann.

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+++ Gesellschaftlicher Kontext

Alkoholismus ist in hohem Maße ein soziales Problem, weil Entstehung, Verlauf und Folgen stark an kulturelle und gesellschaftliche Gegebenheiten gebunden sind. Dennoch kommen viele Studien zu dem Ergebnis, dass Alkoholismus in allen sozialen Gruppierungen und Schichten zu etwa gleichen Teilen vorkommt. Eine Ausnahme bilden nach einer Studie von Henkel 1992 nur die Wohnungslosen, bei denen ein Drittel alkoholgefährdet, ein weiteres Drittel alkoholabhängig ist. Die Folgen von Alkoholmissbrauch sind in sozial benachteiligten Gruppen jedoch gravierender als in anderen. Der Anteil trinkender Frauen ist höher, und auch die Sterblichkeitsrate ist erhöht.

Auch bei wohlhabenden Selbständigen scheint der Anteil der Alkoholiker etwas größer zu sein. Bei gut situierten Frauen mittleren Alters nimmt der Alkoholkonsum mit dem Einkommen zu.

Folgende Faktoren scheinen das Risiko einer Abhängigkeit zu erhöhen:

* Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Armut

* Einsamkeit, Beziehungslosigkeit

* Fehlende Interessen

* Stress, (Rollen)Druck

* Trinkende Vorbilder ('Peergroup')

* Hohe Verfügbarkeit von Alkohol (bei Kellnern etc.)

* Zugehörigkeit zu trinkfreudigen Milieus (Journalisten, Künstler...)

* Zugehörigkeit zu trinkfreudigen Landstrichen (Irland, Bayern...)

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