» Ursachen der Alkoholsucht
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Mehrere Faktoren fördern die Alkoholsucht
Für die Entstehung einer Alkoholabhängigkeit ist das Zusammentreffen
verschiedener suchtbegünstigender Faktoren notwendig. Es
gibt niemals nur EINEN Grund oder Auslöser für Abhängigkeiten.
Sowohl die genetische Veranlagung als auch das kulturelle Umfeld
sowie Persönlichkeitsstrukturen und Biographien haben ihren
Anteil an der Entwicklung von Sucht.
Unser Link-Tipp: Gehirn und Sucht - Der große Gehirn-Atlas.
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Genetische Veranlagung: Kinder von Alkoholikern sind besonders gefährdet
Untersuchungen zufolge haben
Kinder
alkoholkranker Eltern ein bis zu sechsfach erhöhtes Risiko, selbst
Alkohol zu missbrauchen
(Quelle, S. 153). Derart 'Vorbelastete' leiden im
Durchschnitt auch häufiger als andere unter Ängsten, Depressionen
und verschiedenen Persönlichkeitsstörungen.
Andere Studien
kommen zu dem Ergebnis, dass das Risiko, selbst abhängig
zu werden, bei Söhnen alkoholkranker Väter um die 25%
liegt. Bei Frauen
scheint die Vererbbarkeit eine etwas geringere Rolle zu spielen;
sie wählen aber später häufiger einen alkoholabhängigen
Partner als andere Frauen und werden öfter
coabhängig.
Welche Gene für die Prädisposition zur Sucht verantwortlich
sind, ist bis heute jedoch noch nicht abschließend geklärt.
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+++ Niedriger Endorphinspiegel
Suchtgefährdete aus Alkoholikerfamilien haben häufig 'von
Haus aus' einen niedrigen Endorphin-Spiegel.
Diese Opioidpeptide werden bei ausdauernder sportlicher Betätigung,
Lust und Freude ausgeschüttet. Ein chronischer Mangel führt
zu Depressionen
und ständiger Niedergeschlagenheit.
Alkohol erhöht (nur) zu Beginn der Abhängigkeit kurzfristig
den Endorphin- und
Serotoninspiegel
und schafft somit erst einmal 'gute Laune', Selbstbewusstsein und Entspannung.
Schon nach relativ kurzer Zeit stellt sich das Hirn jedoch auf die ständige
Alkoholzufuhr ein; bald schon werden immer größere Mengen
benötigt, um den gleichen Wohlfühl-Effekt zu erzielen.
Schließlich
lässt sich das 'Ausgangslevel' an Serotonin gar nicht mehr erreichen.
Der 'Kater' und der Mangel, Depressionen, Ängste und Aggressionen
werden zum Dauerzustand.
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+++ Große Alkoholtoleranz
Kinder alkoholabhängiger Eltern scheinen einen unzureichenden
Selbstschutz gegen Alkohol zu haben. Sie können in der Regel mehr
trinken, ohne die Konsequenzen zu spüren, weil sie vom Körper
keine 'Warnsignale' bekommen, die ihnen bedeuten, mit dem Trinken aufzuhören.
Auch der Kater danach ist bei ihnen weniger stark ausgeprägt. Diese
Toleranzentwicklung tritt übrigens auch mit zunehmender Abhängigkeit
auf.
Andererseits müssen sie mehr trinken, um den gewünschten
Effekt zu erzielen (z.B. Beruhigung und Enthemmung). Die Stressdämpfung
ist dann aber häufig wesentlich wirkungsvoller, was wiederum das
Trinken sehr angenehm erscheinen lässt.
Für diese untypischen Reaktionen auf Alkohol ist mit hoher Wahrscheinlichkeit
ein genetisch veränderter Enzymhaushalt in der Leber verantwortlich.
Alkohol wird viel schneller und in größeren Mengen abgebaut
als bei 'unvorbelasteten' Menschen.
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+++ Serotoninhaushalt
Bei erblich vorbelasteten Menschen ist der Serotoninhaushalt
sehr oft gestört. Sie haben (wie auch Depressive)
meist einen zu niedrigen Spiegel dieses Neurotransmitters, der
im Hirn u.a. für Wohlbefinden, Essen, Schlafen und Entspannung
zuständig ist. Um diesen Mangel auszugleichen, greifen sie
zu Alkohol, weil er den Serotoninspiegel kurzzeitig erhöht.
Längerfristig sinkt der Serotoninspiegel durch die Anpassung
des Hirns jedoch dauerhaft ab, und depressive Symptome stellen
sich ein. Aggressivität, Impulsivität und der Abbau
von Hemmungen (bis hin zu Gewalt und Suizidneigung) sind ebenfalls
Folgen von Störungen des Serotoninhaushalts. Ein chronisches
Defizit kann übrigens auch durch frühkindliche Traumata
hervorgerufen werden.
Die serotonerge Regulation im Hypothalamus und in der Amygdala
soll nach neuesten Studien vor allem bei
Cloningers
'Typ 2' Alkoholikern gestört sein.
Quelle
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+++ Verstärkte Bildung von Salsolinol
Acetaldehyd
ist ein Zwischenprodukt beim Abbau von Ethanol durch die Alkoholdehydrogenase.
Es ist unter anderem für den Kater danach verantwortlich und verursacht
langfristig Leber- und Zellschäden. Viele Menschen mit alkoholabhängigen
Eltern haben (ebenso wie viele Asiaten und Teile der jüdischen
Bevölkerung) einen Mangel an Acetaldehyd.
Die chemische Substanz Salsolinol bildet sich mit Hilfe eines Enzyms
im Gehirn aus Acetaldehyd und Dopamin. Salsolinol erweckt (zumindest
in Tieren) das starke Verlangen, Alkohol zu trinken. Menschen, die aufgrund
ihrer genetischen Veranlagung das Salsolinol bildende Enzym besitzen,
tragen mit einiger Wahrscheinlichkeit ein höheres Risiko für
Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit als solche, die das Enzym nicht
bilden.
Quelle
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+++ Hypoaktivität der Amygdala
Einer amerikanischen Studie zufolge weist die
Amygdala
(der Mandelkern bzw. das emotionale Zentrum des Hirns) bei Jugendlichen
mit alkoholabhängigen Eltern eine deutlich verringerte Aktivität
auf. Durch dieses Defizit geht diese Personengruppe eher Risiken ein
- wie exzessives Trinken - als andere Menschen. Quelle
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+++ Reduziertes Hirnwachstum
Kinder alkoholabhängiger Eltern haben einer amerikanischen Studie
zufolge ein höheres Risiko eingeschränkten Hirnwachstums,
das zu Alkoholabhängigkeit führen könnte. Die Gründe
dafür sind noch unklar.
Quelle
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Biochemische Veränderungen im Hirn - das Suchtgedächtnis
Am Suchtgedächtnis und am 'Craving' beteiligte Hirnregionen
sind offensichtlich u.a.: die Inselrinde,
der Precuneus,
die Amygdala
(v.a. rechts), das Anteriore Cingulum ACC,
der Orbitofrontale Cortex OFC,
der Dorsolaterale Präfrontale Cortex DLPFC,
Nucleus Accumbens
und Caudatus
(ventrales Striatum), der Thalamus,
die Hippocampi,
der Postzentrale
Gyrus sowie das Cerebellum.
Viele dieser Hirnregionen sind am 'Belohnungssystem'
beteiligt und haben auch Funktionen bei der Verhaltensinhibition/-regulierung.
Überblick
über alle beteiligten Hirnregionen »
Alkoholmissbrauch verändert die Struktur und den Chemikalienhaushalt
des Hirns. Er schädigt die Neuronen
(die Nervenzellen) und schränkt die Durchblutung der Frontallappen
ein, was langfristig zu kognitiven Beeinträchtigungen bis
hin zur Demenz führt. Lesen Sie dazu auch unseren Artikel.
Bei einem Mangel an Alkoholzufuhr bei bereits bestehender Abhängigkeit
entstehen zwei Bedürfnisse:
1.) Unangenehme (Entzugs-)Erscheinungen zu reduzieren und
2.) die erwünschten angenehmen Wirkungen wiederherzustellen.
Alkohol erfüllt beim Alkoholiker also zwei Funktionen: 1.
Stress zu reduzieren und 2. positive Gefühle hervorzurufen.
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+++ Funktion 1: Stress reduzieren
Für Rastlosigkeit und Unruhe bei verringertem Alkoholpegel
sind folgende Abläufe verantwortlich:
* Der Glutamatspiegel steigt.
Glutamat
ist der wichtigste erregende Neurotransmitter in unserem zentralen
Nervensystem. Durch erhöhte Ausschüttung kommt es zu einer
Überreizung der Nervenzellen und damit zu Unruhezuständen.
* Der Noradrenalinspiegel
und die Produktion des Adrenokortikotropen Hormons
(ACTH)
sind erhöht. Noradrenalin steigert den Antrieb, und ACTH wird
auch als 'Stresshormon' bezeichnet.
* Das Aufkommen an Gamma-Aminobuttersäure (GABA)
sinkt. GABA ist der wichtigste inhibitorische (hemmende) Neurotransmitter
in unserem Zentralnervensystem. Er ist in den Basalganglien
und im Kleinhirn
vor allem an der motorischen Kontrolle beteiligt. Im Thalamus
beeinflusst GABA die Einleitung und die Aufrechterhaltung des Schlafs.
GABA wirkt beruhigend und angstlösend. Benzodiazepine und andere
Beruhigungsmittel verstärken seine Wirkung. Bei einem Absinken
des GABA-Spiegels kommt es zu Schlafstörungen, Ängsten
und Unruhe sowie zu Störungen der Impulskontrolle.
Während des Entzugs
und der Abstinenz
führt der Wunsch nach Beruhigung am ehesten zu
Rückfällen.
Therapieansätze
»
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+++ Funktion 2: Positive Gefühle herstellen
Die angenehmen Gefühle während des Trinkens (Enthemmung,
Beruhigung, Euphorisierung usw.) werden durch die verstärkte Ausschüttung
bestimmter chemischer Substanzen und Botenstoffe (Neurotransmitter)
hervorgerufen.
* Serotonin, ein wichtiger Neurotransmitter, steuert unter anderem
Schlaf, Sex, Entspannung und Appetit. Ein niedriger Serotoninspiegel
führt zu Depressionen. Deshalb heben viele neue
Antidepressiva
vor allem den Serotoninspiegel an, um die Stimmung zu verbessern. Serotonin
wird im Volksmund auch als 'Glückshormon' bezeichnet.
* Dopamin ist ein anderer wichtiger Neurotransmitter, der unter anderem
Euphorie und 'Belohnungsgefühle' hervorruft. Kokain und Amphetamine
wirken ähnlich wie Dopamin. Eine Senkung des Dopaminspiegels führt
zu Entzugserscheinungen wie Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit.
Mit zunehmender Abhängigkeit sinkt die Empfänglichkeit für
Dopamin.
* Die vom menschlichen Körper selbst gebildeteten Opioidpeptide
werden ebenfalls als 'Glückshormone' bezeichnet. Zu ihnen zählen
beispielsweise die ß-Endorphine (ENDogene mORPHINE). Endorphin
wird bei Lust, Sex, ausdauerndem Sport und freudiger Erregung ausgeschüttet.
Nach längerem Alkoholmissbrauch sinkt das Dopamin-, Serotonin-
und Endorphinaufkommen dauerhaft - und mit ihm die Stimmung. Inzwischen
ist der Alkoholabhängige aber davon überzeugt, dass sich durch
das Trinken weiterhin angenehme Gefühle einstellen, obwohl dies
eigentlich nur zu Anfang der Fall war und später die negativen
Erfahrungen deutlich dominieren.
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Persönlichkeit und Psyche
Ob Menschen süchtig werden, hängt nicht nur von ihren Genen,
sondern auch von ihrer Persönlichkeitsstruktur ab, die sich durch
äußere Faktoren und innere Entwicklungen gefestigt hat.
Sicher hat jeder Mensch im Laufe seines Lebens Probleme in einem oder
mehreren der besagten Bereiche. Ob er aber abhängig wird, hängt
von vielen verschiedenen Faktoren ab. Wenn genügend alternative
'Bewältigungsstrategien' für Persönlichkeitsdefizite
und Konflikte vorhanden sind, sind die Risiken für eine Abhängigkeit
auch bei erblicher Veranlagung und hoher 'Verfügbarkeit' verhältnismäßig
gering.
Suchtgefährdet sind vor allem Menschen mit Persönlichkeitsstörungen,
Depressionen,
Ängsten und Phobien sowie mit ausgeprägter Affektschwäche
und mit Störungen der Impulskontrolle.
+++ Psychische Störungen - Ängste und Depressionen
Studien zufolge fangen viele Depressive mit einer Veranlagung zur Sucht
etwa 5 Jahre nach ihrem ersten depressiven Schub an, regelmäßig
stark zu trinken. (Quelle, S. 217).
Menschen mit einer Familiengeschichte des Alkoholismus greifen oft
schon in jungen Jahren zu Alkohol und anderen Drogen als Selbstmedikations-Mittel
der Wahl und gegen aufkommende depressive Tendenzen. Bei unbehandelter
Depression
ist eine dauerhafte Abstinenz sehr schwer zu erreichen.
Eine amerikanische Studie aus dem Jahr 2000 kommt zu dem Ergebnis,
dass der Anteil der alkoholmissbrauchenden Frauen
bei depressiven Patientinnen 2,6 mal höher ist als bei nicht depressiven.
Einer besonderen Gefährdung unterliegen Menschen mit einer ängstlich-agitierten
Depression, Angst- und Panikstörungen sowie Phobien. Alkohol ist
für sie die 'ideale' Droge, weil er beruhigend, dämpfend und
effektiv angstlösend aufs Zentralnervensystem wirkt.
Einer anderen Studie zufolge praktizieren bis zu 20% der Menschen mit
sozialen Phobien
(Kontaktstörungen) einen schädlichen Konsum von
Alkohol. Das Rauschmittel hilft ihnen dabei, ihre Hemmungen, Ängste,
Unsicherheiten und Minderwertigkeitsgefühle kurzfristig zu überwinden.
Bei unbehandelter Sozialphobie sind viele Betroffene nur unter dem Einfluss
von Rauschmitteln fähig, sozial angepasst zu 'funktionieren'.
Doch das Verhältnis von Alkoholmissbrauch und Depressionen ist
alles andere als einseitig. Nicht nur fördern Depressionen nicht
selten die Entstehung von Alkoholismus, sondern der Alkoholismus selbst
ruft Ängste und Depressionen hervor. Bitte lesen sie dazu auch
unseren umfangreichen Artikel zum Thema Alkohol
und Depressionen.
Therapieansätze
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+++ Alkohol als 'Selbst-Medikation' bei Persönlichkeitsstörungen
Menschen mit Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen (wie
Borderline, Schizophrenie, antisozialen Persönlichkeitsstörungen,
Angststörungen, depressiven Störungen und Narzissmus) nehmen
nicht selten Zuflucht zum Alkohol als Mittel der Selbstmedikation, bevor
sie andere Therapiewege ins Auge fassen. Gerade in diesen Fällen
erfüllt das Rauschmittel häufig eine wichtige Funktion zur
Stabilisierung der Persönlichkeit und sollte mit Bedacht 'abgesetzt'
werden. Lesen Sie dazu auch unsere Beiträge zu den Themen Entzug
und Depressionen.
+++ Selbstwert-Defizite
Gerade Menschen mit Kontaktschwierigkeiten, sozialen Ängsten und
Hemmungen sehen in Alkohol oft einen Ausweg, sich im Alltag freier zu
bewegen. Zu Anfang verhilft der Alkohol in der Regel zu einer positiven
Selbstsicht, zum Abbau von Hemmungen gegenüber anderen Menschen,
zur Stresslösung, zur Freisetzung blockierter aggressiver und sexueller
Impulse sowie unter Umständen auch zu einer größeren
Kreativität. Beim Trinken ist es wesentlich leichter, soziale Kontakte
zu knüpfen und aufrecht zu erhalten. Menschen mit Unsicherheiten
und Minderwertigkeitskomplexen verhilft der Alkohol zumindest zeitweise
zu einem stabilen Ego. Er ist zu diesem Zweck vor allem immer dann das
Mittel der Wahl, wenn schon in der Kindheit keine anderen Strategien
zur Problem- und Spannungslösung und zur Stärkung des Selbstwerts
eingeübt wurden.
+++ Geringe Frustrationstoleranz
Frustrationstoleranz ist die Fähigkeit, Enttäuschungen zu
kompensieren oder Bedürfnisse aufzuschieben, ohne dabei in Aggression
oder Depression zu verfallen. Menschen mit Defiziten in diesen Bereichen
sind besonders gefährdet, alkoholabhängig zu werden.
+++ Störungen der Impulskontrolle
Als Störung der Impulskontrolle oder Impulskontrollstörung
wird in der Psychiatrie und der Klinischen Psychologie ein Verhaltensablauf
bezeichnet, bei dem ein als unangenehm erlebter Anspannungszustand durch
ein bestimmtes impulsiv ausgeübtes Verhalten (z.B. exzessives Trinken)
aufgelöst wird.
Das impulsive Verhalten wird dranghaft, oft automatisch ausgeführt.
Es wird zwar bewusst erlebt, kann aber willentlich nicht oder nur schwer
verhindert werden. Impulskontrollstörungen können somit als
eine Form der Willensschwäche bzw. Volitionsstörung aufgefasst
werden.
Voraussetzung für eine Bewertung impulsiven Verhaltens als psychische
Störung ist, dass es als "unangepasst" gelten kann, also
entweder nicht den vernunftorientierten Zielen der betreffenden Person
entspricht oder dem Betroffenen selbst oder anderen Personen Schaden
zufügt (z.B. Schulden, Unfälle, Verletzungen). Das ist bei
der Alkoholsucht eindeutig der Fall. Quelle: Wikipedia
Studien zufolge haben schon viele
Kinder
von Alkoholikern eine geringere Angst vor potentiell gefährlichen
Situationen als andere. Auch Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung
sind später stärker gefährdet.
+++ Affektlabilität
Menschen mit einer ausgeprägten Affektlabilität leiden unter
schnellen Stimmungswechseln. Sie werden von ihren Gefühlen
häufig regelrecht überrollt, ohne die Ursache erkennen und eine
Veränderung bewirken zu können. Die Affekte haben meist nur
eine kurze Dauer, unterliegen vielfachen Schwankungen und wechseln ihre
Grundstimmung. Auslöser für Stimmungswechsel sind dabei häufig
zum Teil geringfügige äußere oder innere Anlässe.
Alkohol bewirkt in diesen Fällen in der Regel eine erwünschte
'Einebnung' der Gefühlslage, die bewirkt, dass die Schwankungen
nicht so drastisch ausfallen. Deshalb ist die Suchtgefahr auch hier
groß, und beim Entzug
ist besondere Vorsicht geboten.
+++ Selbstzerstörerische Impulse
Studien gehen davon aus, dass die Suizidrate bei Alkoholikern bis zu
75 mal höher ist als in anderen Teilen der Bevölkerung. Die
mit dem missbräuchlichen Alkoholkonsum einhergehenden emotionalen
und körperlichen Probleme bieten dafür ebenso Ursache und
Anlass wie sozialer Druck und Abstieg, Vereinsamung, Scham und Selbsthass.
Alkoholexzesse und Rückfälle
nach Abstinenzen können oftmals auch als ein Versuch (indirekter)
Selbstzerstörung betrachtet werden. In diesem Fall bewirken Methoden
der 'Abschreckung' (Hinweise auf schwere Erkrankungen etc.) in der Regel
nichts, denn der Betroffene ist ja ohnehin fest entschlossen, seinem
Leben ein Ende zu setzen. Oftmals wird der Wunsch nach Selbstzerstörung
schon in der Kindheit angelegt. Missbrauch, Gewalt, Vernachlässigung,
nicht kindgemäße oder fehlende Erziehung und - last but not
least - Alkoholismus in der Familie sind zu großen Teilen dafür
verantwortlich. Lesen sie dazu bitte auch unseren Artikel über
die Probleme von Kindern aus Alkoholiker-Familien.
Der psychoanalytische
Ansatz geht davon aus, dass in vielen dieser Fälle ein unbarmherzig
strafendes Über-Ich durch Selbstvernichtung abgewehrt werden soll.
Oftmals ist eine völlige Abstinenz vor diesem Hintergrund unrealistisch,
so dass auch die Möglichkeiten kontrollierten
Trinkens oder einer reinen therapeutischen Begleitung des Trinkens
ins Auge gefasst werden sollten.
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Alter, Geschlecht und gesellschaftliche Stellung
+++ Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen
Die Gründe für frühen Alkoholismus sind vielfältig.
Missbrauch, Gewalt und Alkoholismus in der Familie, Depressionen, Vernachlässigung,
Drogensucht, zu großer Druck in der Schule/Lehre und andere traumatisierende
Erfahrungen stehen dabei ganz oben auf der Liste der Ursachen.
Studien
zum Thema »
Gerade Kinder und Jugendliche unterschätzen oft die Wirkungen
und Folgen exzessiven Alkoholkonsums. Sie sind daher stärker als
Ältere gefährdet, durch Unfälle geschädigt oder
getötet zu werden oder sich (oft ohne Vorsatz) das Leben zu nehmen.
Bei Kindern und Jugendlichen schreitet der alkoholbedingte Verfall viel
schneller voran als bei Erwachsenen, und die Alkoholabhängigkeit
ist später hartnäckiger. Letzteres liegt unter anderem daran,
dass das junge, flexible Hirn ein besonders starkes Suchtgedächtnis
entwickelt.
Außerdem ist Alkoholmissbrauch unter Jugendlichen häufig
stärker akzeptiert als bei Erwachsenen, so dass Therapien oft erst
spät zu greifen beginnen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Alkohol häufig
der Problemlöser Nummer 1, weil andere Strategien gar nicht erst
erlernt wurden.
+++ Alkoholmissbrauch im Alter
Vor allem ältere Menschen leiden häufig verstärkt unter
Depressionen
und Ängsten, die sie für Alkohol empfänglich machen.
Die Gründe sind so vielfältig wie nachvollziehbar: Verlust
des Arbeitsplatzes, völlige Umstellung des Tagesablaufs und der
Lebensgewohnheiten, Verlust des Partners, Vereinsamung, Verlust der
Selbstbestimmung, Perspektivlosigkeit, Einweisung ins Pflegeheim, körperliche
Gebrechen, Nachlassen der kognitiven Leistungen...
Studien zum
Thema »
Studien zufolge ist ein Drittel der älteren Alkoholiker schwer
depressiv. Dabei werden die deutlichen Zeichen der Depression und des
Alkoholmissbrauchs leider oft von vielen Ärzten als normaler Alterungsprozess
abgetan und missverstanden. Deshalb gelangen noch immer viel zu wenige
ältere Menschen in den Genuss effektiver Sucht- und Depressionstherapien
(zynischer Weise wohl auch aus Kostengründen).
Eine amerikanische Studie von 5000 Menschen über 60 kam zu dem
Schluss, dass 15% der Männer und 12% der Frauen einen gefährlichen
Alkoholkonsum praktizierten und 9% bzw. 3% als alkoholabhängig
eingestuft werden konnten.
Dabei wirkt Alkohol auf das Zentralnervensystem Älterer viel stärker
als auf jüngere Konsumenten. Schon bei relativ geringen Mengen
stellen sich stärkere Rauschzustände ein. Durch eine im Vergleich
zu Jüngeren allgemein schlechtere gesundheitliche Verfassung kann
der Alkohol in wesentlich kürzerer Zeit größere Schäden
anrichten.
+++ Alkoholmissbrauch bei Frauen
Etwa 30 Prozent der geschätzten 2,5 Millionen behandlungsbedürftigen
Alkoholiker in Deutschland sind weiblich. Zu diesen 750.000 bis 800.000
Alkoholikerinnen kommt aber wohl noch eine große Anzahl stark
gefährdeter Frauen.
Quelle
Studien
zum Thema »
Studien gelangen zu dem Ergebnis, dass Frauen zwar in der Regel erst
später im Leben alkoholabhängig werden, dass die mit der Erkrankung
assoziierten Schäden aber etwa zur selben Zeit wie bei den Männern
auftreten. Das liegt wohl daran, dass der Alkohol auf Frauen stärker
toxisch wirkt.
Eine der Hauptursachen für Alkoholismus bei Frauen sind Depressionen.
Studie.
Missbrauch und Alkoholismus in der Kindheit, gesellschaftliche Benachteiligung,
Doppelbelastung sowie Perspektivlosigkeit und Einsamkeit nach dem Auszug
der Kinder sind nur einige Gründe, warum Frauen zu trinken beginnen.
Leider sind die Einrichtungen und Angebote der Alkoholismustherapie
noch immer sehr auf Männer fokussiert, was sich unter Umständen
bei Entzug
und Entwöhnung als zusätzlicher Stressfaktor erweisen kann.
+++ Gesellschaftlicher Kontext
Alkoholismus ist in hohem Maße ein soziales Problem, weil Entstehung,
Verlauf und Folgen stark an kulturelle und gesellschaftliche Gegebenheiten
gebunden sind. Dennoch kommen viele Studien zu dem Ergebnis, dass Alkoholismus
in allen sozialen Gruppierungen und Schichten zu etwa gleichen Teilen
vorkommt. Eine Ausnahme bilden nach einer Studie von Henkel 1992 nur
die Wohnungslosen, bei denen ein Drittel alkoholgefährdet, ein
weiteres Drittel alkoholabhängig ist. Die Folgen von Alkoholmissbrauch
sind in sozial benachteiligten Gruppen jedoch gravierender als in anderen.
Der Anteil trinkender Frauen ist höher, und auch die Sterblichkeitsrate
ist erhöht.
Auch bei wohlhabenden Selbständigen scheint der Anteil der Alkoholiker
etwas größer zu sein. Bei gut situierten Frauen mittleren
Alters nimmt der Alkoholkonsum mit dem Einkommen zu.
Folgende Faktoren scheinen das Risiko einer Abhängigkeit zu erhöhen:
* Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit, Armut
* Einsamkeit, Beziehungslosigkeit
* Fehlende Interessen
* Stress, (Rollen)Druck
* Trinkende Vorbilder ('Peergroup')
* Hohe Verfügbarkeit von Alkohol (bei Kellnern etc.)
* Zugehörigkeit zu trinkfreudigen Milieus (Journalisten, Künstler...)
* Zugehörigkeit zu trinkfreudigen Landstrichen (Irland, Bayern...)
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